Auszug aus dem Lifestyle-Magazin RHEINexklusiv, Ausgabe Herbst 2022
Rainer Kleinhenz

Foto: P. M. J. Rothe

Vom Allgäu über die Insel Jersey nach Bonn

Er liebt Fisch, isst aber besonders gerne die Kässpatzen seiner Mutter. Rainer Kleinhenz kocht seit 29 Jahren im Bonner „IL PUNTO“. Polit-Prominente wie Helmut Kohl und Stars wie Udo Jürgens haben schon sein Essen genossen. Was ihn weder damals noch heute aus der Ruhe bringt. Wir treffen den geborenen Füssener in seiner Küche und schauen zu, wie er einen Steinbutt zubereitet. Dabei unterhalten wir uns auch darüber, was gute Kässpatzen ausmacht.

Es ist Samstagnachmittag. Im Bonner Hofgarten läuft der Soundcheck für die Hamburger Hip-Hop- und Electro-punk-Formation „Deichkind“. Im Ristorante „IL PUNTO“ dagegen laufen die Vorbereitungen fürs Abendgeschäft. Die Musik ist laut und deutlich zu hören. Die Straßen rund um den bekannten Italiener sind wegen der Hofgartenkonzerte nur für Anwohner befahrbar. Im Restaurant stehen die Stühle auf den Tischen. Wir folgen Rainer in die Küche. Auf dem Gasherd siedet ein Fond langsam vor sich hin. Rainer hat gerade erst den Mittagstisch abgearbeitet. Lange pausieren kann er aber nicht. Der Abend ist trotz der Verkehrsprobleme ausverkauft. Der Küchenchef reibt entspannt Kartoffeln. Er liebe seinen Beruf und könne sich nichts anderes vorstellen, erzählt er währenddessen. Aus der Kartoffelmasse drückt er das Wasser, würzt sie, rollt sie flach aus und macht daraus eine Kruste für den Steinbutt. Wir fotografieren das fertige Gericht – und dürfen es probieren.

Seit wann kochst du im „IL PUNTO“?
Ich habe 1993 als Jungkoch in dem Vorgängerrestaurant „La Castagna“ in Buschdorf angefangen. 1996 eröffnete Ettore Di Pietrantonio mit seinem damaligen Partner dann in der Lennéstraße das „Il Punto“. Der Küchenchef des „La Castagna“ wechselte hierhin. Ich wurde im „La Castagna“ sein Nachfolger und etwas später hier.

Wo hast du gelernt und wie bist du als Allgäuer im Rheinland gelandet?
Meine Ausbildung habe ich im „Schlosshotel Lisl“ in Hohenschwangau im Allgäu gemacht. Nach der Lehre arbeitete ich noch ein Jahr im Allgäu und bin von dort aus in die Schweiz gegangen und weiter auf die Insel Jersey. Später habe ich in einem Hotel in Grainau gearbeitet und dort meine Frau kennengelernt. Sie ist Bonnerin und machte damals in Bayern ihre Ausbildung zur Restaurantfachfrau. Meine Frau wollte wieder zurück nach Bonn und so bin ich der Liebe wegen hierhin gezogen.

Hast du es jemals bereut?
Nein, auf keinen Fall. Bonn ist eine tolle, eine offene Stadt. Wir wurden freundlich empfangen und hatten schnell Kontakt.

Warum bist du Koch geworden?
Ich wollte nie etwas anderes werden. Ich hatte immer Spaß am Kochen, habe mit meiner Mutter gemeinsam gekocht und Gerichte ausprobiert. Ich hatte überhaupt keine Zweifel bei meiner Berufswahl.

Was fasziniert dich an dem Beruf?
Die Vielfalt und die Chancen, die sich beim Kochen bieten. Der Beruf ist sehr abwechslungsreich und kreativ. Zudem hat man die Möglichkeit, auf der ganzen Welt als Koch zu arbeiten.

Stören dich die Arbeitszeiten?
Nein, eigentlich nicht. Manchmal wäre es natürlich schön, man könnte am Wochenende auch einmal weggehen. Aber wirklich gestört hat es mich nie. Und da meine Frau auch aus dem Gastgewerbe kommt, hat sie immer Verständnis.

Tagliatelle mit frischen Pfifferlingen

Tagliatelle mit frischen Pfifferlingen

Puristisch
Frisch
Authentisch

Steinbutt mit Kartoffelkruste

Steinbutt mit Kartoffelkruste

Bitte beschreibe den Stil deiner Küche.
Wir kochen sehr handwerklich. Das Produkt muss stimmen. Es gibt bei uns keinen Schnickschnack, das sind wir nicht. Man könnte sagen, unsere Küche ist sehr puristisch, frisch und mit dem Fokus auf Qualität.

Du arbeitest bei einem Italiener. Kochst du ausschließlich italienisch?
Das kann man so nicht sagen. Natürlich unterliegt unsere Küche schwerpunktmäßig italienischen bzw. mediterranen Einflüssen. Aber wir sind auch offen für anderes. Unser Chef, Ettore Di Pietrantonio, ist selbst Koch, und dies mit großer Leidenschaft. Wir besprechen gemeinsam, was wir den Gästen anbieten. Wir bringen beide unsere Ideen ein und entwickeln so unsere Menüs.

Foto: P. M. J. Rothe

Gibt es Produkte, mit denen du besonders gerne arbeitest?
Das ist auf jeden Fall Fisch. Ich war schon als kleiner Junge mit meinem Vater angeln und wir haben das Geangelte anschließend zu Hause zubereitet und gegessen. Ich liebe Fisch. Man kann in der Küche so viel mit ihm machen. Er schmeckt gut roh, man kann ihn braten, räuchern, kochen. Fisch ist meine kulinarische Leidenschaft.

Was ist dein persönliches Lieblingsgericht?
Kässpatzen von der Mama. Da kommt der Allgäuer in mir wieder durch.

Kannst du sie auch selbst zubereiten?
Ja – und wenn ich Kässpatzen mache, freut sich meine ganze Familie. Da kann die Schüssel nicht voll genug sein.

Gibst du uns einen Tipp, wie Kässpatzen richtig gut werden?
Das Wichtigste ist der Käse. Er muss viel Fett haben, mindestens 40 Prozent, sonst zieht er keine Fäden. Ich nehme am liebsten drei Sorten – Bergkäse, ein Stück Appenzeller und Romadur. Das ist sehr gehaltvoll und gibt richtig Geschmack. Kässpatzen gibt es allerdings nur maximal zweimal im Jahr. Meine drei Kinder sind aus dem Haus und für zwei Personen lohnt es sich nicht. Aber wenn die Kinder hören, es gibt Kässpatzen, sind sie sofort wieder da.

Tritt eines deiner Kinder in deine Fußstapfen?
Nein, keiner hat Interesse am Kochen. Sie machen alle etwas anderes und sind glücklich damit.

Kochst du noch privat?
Wenn ich zu Hause bin und Zeit habe, koche ich immer. Wir gehen selten essen. Ich genieße es, auf dem Balkon zu sitzen und Selbstgekochtes zu essen. Es macht mir auch Freude, mit Freunden zu grillen. Ich brauche kein Restaurant, das habe ich die ganze Woche über.

Wen würden du gerne einmal bekochen?
Ich koche sehr gerne für Freunde. Wenn du aber an Prominente denkst, dann habe ich schon für viele gekocht. Helmut Kohl war hier, Udo Jürgens oder auch Thomas Gottschalk. Die Liste bekannter Menschen, die im „IL PUNTO“ zu Gast waren, ist lang.

Sagt man dir dann beispielsweise: „Das Kalbskotelett ist für Thomas Gottschalk“?
Ja, das erfahre ich schon. Doch, es ändert sich für mich nichts. Ich koche wie immer. Wir machen keinen Unterschied. Ein Gast ist ein Gast und jeder wird bestmöglich bedient und bekocht.

Ärgert dich Kritik?
Nein. Kritik hat auch etwas Positives. Wenn Gäste unzufrieden sind oder sie irgendetwas stört, ist es nur gut, wenn sie es äußern. Das hilft uns weiter. Man kann daran arbeiten und es verbessern.

Würdest du jungen Menschen eine Ausbildung zum Koch empfehlen?
Nur, wenn sie auch wirklich Spaß am Kochen haben. Ohne macht es keinen Sinn. Nur mit Freude an der Arbeit, kann man die Arbeitszeiten akzeptieren.

Kochst du eigentlich nach Rezepten oder weitgehend nach Intuition?
Für die Desserts habe ich ein paare Grundrezepte. Ansonsten arbeite ich ohne Rezept. Man kann sagen: Jedes Gericht ist ein Unikat.
(Susanne Rothe)

Rainer Kleinhenz

Foto: P. M. J. Rothe